RENAISSANCE
BUNTER HOF - RÖSSINGSTRASSE
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Abb. 1 Raum 27, westliche Bundwand (Wand d) Bestandserfassung 2013
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Abb. 2 Raum 27, westliche Bundwand (Wand d) Bestandserfassung 2013
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Abb. 3 Raum 27, östliche Bundwand (Wand a) Fertiggestellt, 2016

5. Leistung der integrierten Planung zum Erhalt der historischen Bausubstanz - Sicherung der historischen Ausmalungen im Innenraum

5.1. Die Wandfassungen in der Diele im 1. OG (Raum 27)

In der Diele im 1. Obergeschoss, Raum 27, konnten an mehreren Stellen aufwändige Holzmalereien als auch vereinzelt Gefachmalereien festgestellt und freigelegt werden.
Die Diele im 1. Obergeschoss zeigt gemeinsam mit dem Abortraum am Ende der Wohnräume der von Rössings wie auch dem Rittersaal im 2. Obergeschoss und dem ehemaligen zum Westflügel führenden Flur die Ausmalung des Renaissancebaus bis zu Neugestaltungen Anfang des 17. Jahrhunderts.

Die jüngeren Putze in der Diele, vornehmlich des 19. Jahrhunderts mit Kalkschlemmen Anfang des 20. Jahrhunderts, die Bereiche der östlichen und
westlichen Fachwerkwandkonstruktion umfassend, wurden in einem Seminar mit Menschen unterschiedlicher Herkunftsländern abgenommen. Die Putzträger und Putzreste wurden vorsichtig vom Holz gelöst und kleinere Putzbestände mit einem Glasfaserpinsel entfernt. Die Kanten der Gefachfelder, die Putzebene in den Gefachflächen blieb erhalten, wurden abgeschrägt und vorsichtig angeputzt. Der Anstrich der Gefache erfolgte mit einer Kalkkaseinfarbe. Die Gefache wurden mit einem Altweiß gestrichen, die Fachwerkkonstruktion mit einem hellen Grau. Ein drei Zentimeter breiter Begleiter wurde umlaufend in die Gefachfläche gezogen.
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Abb. 4 Erdgeschoss, Rekonstruktion des Erbauungszustandes
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Abb. 5 1. Obergeschoss, Rekonstruktion des Erbauungszustandes
Die erste Fassung der Diele blieb hinter den Blendrahmen der Renaissance an der östlichen Bundwand erhalten. Eine schwarze Begleiterfassung rahmte das weiße Gefachfeld.
Die Fassungsreste auf der Fachwerkkonstruktion, vermutlich nach Fertigstellung des Gebäudes 1582 erfolgt, lassen Akathusblätterranken als Füllung imitierter Kaßetenfelder, durch einen grauen Begleiter, wahrnehmen. Die Malerei mit grauen Höhungen zeigt Schattenreflexe, die eine Tiefe imitieren. In den Zwischenfeldern wurde mit einem intensiven mennigerot als Fond gearbeitet. Entlang einer Strebe ist eine gleichmäßig wellenförmig verlaufende Ranke noch erkennbar. Der Hauptstrang ist mit gegenläufigen Seitentrieben versehen (1).
Betont wurde der östliche Ständer unter dem Unterzug im Übergang mit Knaggen. Hier konnte eine Ornamentmalerei mit figürlichen Darstellungen kombiniert mit Blättern, Stielen, und Früchten im Hochformat freigelegt werden. Dabei trat eine Person, vermutlich ein Ritter, mit Schwert in der rechten Hand im oberen Ständerdrittel und eine weitere Person mit Pluderhosen, mit nach vorne ragenden Armen, hervor. Die vordere Seite der Knagge, gerahmt mit Begleitern, zeigt ein Mondgesicht umgeben von Akanthusranken. Seitlich sind im imitierten Kassettenfeld Strahlen dargestellt.
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Abb. 6 Diele Blickrichtung Wendelstein, Raum 27
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Abb. 7 Holzmalerei Raum 27: Blumenranken
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Abb. 8 Florale Ornamentik
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Abb. 9 Blumenranken
Eine jüngere Gefachausmalung, der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts zuzuordnen, ist an der westlichen Bundwand, seitlich der Türöffnung erhalten. Die Breite des ursprünglichen 30 cm breiten hölzernen Blendrahmens, ist an den ungefassten Putzflächen ablesbar. Das südliche Gefachfeld ist vergleichbar der Ausmalung im Abortraum mit einer Grisaillemalerei gerahmt. Die dreidimensionale Illusionsmalerei, des metallenen Beschlagwerkes auf Holztruhen oder Türen imitierend, arbeitetet mit starken Licht und Schattenlinien mittels weißer Höhungen und schwarzer Linien. Die Gefachfläche rahmt ein drei Zentimeter starker Begleiter. Leitornamente bilden die Beschlagwerksornamente mit Leisten und Stegen und dem Rollwerk, die mit Dekorformen wie Fruchtgehänge und Bänder verziert werden. Nagelköpfe imitieren einen echten Eisenbeschlag. Um die Fruchtgehänge, Äpfel mit Trauben, befinden sich dreiblättrige Blätter der Weinrebe. Die mennigeroten Höhungen stellen Kugelfrüchte im Fruchtgehänge dar.
Im typologischen Vergleich lässt sich die Darstellung mit Vorlageblättern von Vredemann des Vries einordnen. Beide Ornamentikelemente sind charakteristisch für den Anfang des 17. Jahrhunderts. Ebenso um 1600 werden in der Wand- und Deckengestaltung mit dem Akanthus- und Hopfenblatt oft kugelförmige, rote Früchte ohne Blütenform appliziert, ursprünglich in spätmittelalterlichen Malereien oftmals in einer Blüte integriert (2). Das in der Malerei ab 1550 verwandte Hopfenblatt - die Blätter sind dreipassartig gerundet mit glattem Blattrand mit dünnen Stielen, wird oft mit Kugelblättern und Akanthusblättern verwandt. Durch diese Blattform entstanden auch die Mauresken-Ranken um 1620-30 (3). Zeitgleich ist die Ausmalung mit der Grisaillemalerei anzusetzen.
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Abb. 10 Holzmalerei in der Diele
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Abb. 11 Holzmalerei in der Diele
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Abb. 12 Diele, während der Seminarwochen erfolgte die Freilegung an der Fachwerkkonstruktion, Seminarteilnehmer aus Deutschland
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Abb. 13 Diele, während der Seminarwochen erfolgte die Freilegung an der Fachwerkkonstruktion, Seminarteilnehmerin aus dem Irak
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Abb. 14 Bauzeitlicher Blendrahmen in Raum 30, Blickrichtung Raum 31
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Abb. 15 Bauzeitlicher Blendrahmen während der Instandsetzung
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Abb. 16 Restaurierter bauzeitlicher Blendrahmen in Raum 30, Blickrichtung Diele

5.2. Die Ausmalung der privaten Gemächer der von Rössings (Räume 28-31, 33-35)

Teile der bauzeitlichen Ausstattungselemente mit Türrahmen blieben im 1. Obergeschoss des ehemaligen Adelshofes erhalten. Ergebnisse der Bauforschung und Auswertung archivarischer Quellen bestätigten die Lage der großen Hofstube im Erdgeschoss, des Rittersaales im 2. Obergeschoss und der Küche im Westflügel. Im östlichen Bereich des 1. Obergeschosses sind die privaten Wohngemächer Anna und Ludolph I. von Rössings zu sehen. Die Veränderung der Raumstruktur des an die Diele angrenzenden Gemachs mit dem Erker nach Norden erfolgte durch die Verschiebung der Bundwand nach Osten Anfang des 17. Jahrhunderts (4). An den Bundwänden blieben die Türfutter mit Bekleidung der Renaissance erhalten. Die seitlichen Blendrahmen mit einer Breite von 36 cm sind mit kanneliertem eichenen Pilasterschaft und Kapitell verziert, die auf erhöhten Postamenten stehen. Das abschließende Bekrönungsfeld zeigt einen Triglyphenfries und einen vorkragenden, abgetreppten Abschluss. Die eichenen Postamente sind durch dunkle und helle Intarsien plastisch betont (5). Nicht nur die Konstruktion der gezapften Blendrahmen mit Futter in der Diele und dem großen Wohngemach sind identisch, sondern es konnte auch die identische bauzeitliche Fassung nachgewiesen werden, eine Leimfarbe mit orange-rotem Fond auf dünnem Kreidegrund (6).
Die aus Eichenholz gefertigten Pilaster und Triglyphen waren bauzeitlich holzsichtig. Die "Metopenfelder" und Blendrahmen besaßen als bauzeitliche Fassung einen mennigefarbenen Fond. Vom Pilasterschaft, am unteren Gesims, bis zum Kapitel verläuft ein brauner Begleitstreifen, der, in Höhe des Kapitels abgerundet, einen Schattenwurf imitiert (7). Das äußere Metopenfeld wird durch Rollwerk begrenzt, die inneren Felder gliedern braunrote Begleiter, Kassettenmalereien, seitlich gerahmt von halbkreisförmigen Medaillons mit imitierten Nietenbeschlägen.

Die geschwungenen Initialen in altdeutscher Schrift, die ersten Buchstaben AS ineinander verschlungen, LL als Herzform und R verweisen auf das Ehepaar. Die Initialen AS stehen für die Ehefrau Anna von Stöcken, die Ludolph von Rössing 1579 heiratete. Die L-förmigen Initialen formen ein Herz als Zeichen der Verbundenheit. Die Initialen krönt eine Krone. Die Fassungsbefunde der Wände zeigen einen hellen Grauton der unmittelbar an die Blendrahmen anschloss. Die Decken spiegeln den gleichen mennigefarbenen Fond der Türgewände wieder (8).
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Abb. 17 Freigelegte Malerei auf bauzeitlichem Blendrahmen
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Abb. 18 Restauriertes Türblatt
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Abb. 19 Oberes Füllungsfeld (Restaurierung Dirk Knüpfer, Dipl.- Rest.)
Bei den Türen der von Rössings handelt es sich um überblattete Rahmenfüllungsbretter im Kopf- und Fußbereich, das mittlere Brett ist eingezapft. Die symmetrische Teilung der Füllungsfelder schließt mit eingeschobenen Brettern, gerahmt von aufgesetzten Füllungsleisten. Die Türen zeigten nach Abnahme der jüngeren Farbschichten eine figürliche Fassung mit mythologischen, allegorischen Bildszenen.

Türblatt mit politischer Proklamation - eine These
Das Türblatt, eine Konstruktion mit Füllungen aus verleimten Nadelholzbrettern, zeigt auf Rahmen und Deckleiste eine Leimfarbe mit transparentem Ölüberzug, identisch der Fassung am Türblatt der Lucretia und des Blendrahmens (9). Den Rahmen der Tür ziert eine braune Kammzug-Maserung auf orange-rotem Fond (10). Die Tür befand sich in dem privaten Gemach des Hausherren, unmittelbar angrenzend an das seiner Frau oder gegenüberliegend, in dem von der Diele nach Westen liegenden großen Saal mit Erker, der mit einer Tür zum Flur in den Westflügel führte. Das obere Füllungsfeld zeigt über der Wappenzier, vergleichbar einem Schlachtruf, die Parole "DELEAT QUI CARET" - "ES ZERSTÖRT, WAS MAN NICHT HAT".
Ähnlich einer Wappenzier ist ein Brustharnisch mit Halskleinod, als Zeichen der Mitgliedschaft einer Tuniergesellschaft, der Rittervereinigung dargestellt. Der Ritterhelm, ein Spangenhelm mit stark gebogenen Spangen und aufgesetzten Nieten, lässt den Blick auf ein lachendes fratzenähnliches Narrengesicht zu. Anstelle der Helmdecke oder der Rangkrone erscheint eine Helmwulst aus stark ineinander gedrehten Stoffbahnen. Die Helmzier, normalerweise bestehend aus Hörnern, Flügeln oder Federn, erscheint eine Narrenkappe mit Eselsohren. An den nach außen gerichteten Ohrmuscheln hängen zwei Schellen, die symbolisch die Laster der Trägheit und Dummheit sowie Eigenliebe bildlich darstellend (11), am Scheitel, der für Lüsternheit und sexuelle Begierde stehende Hahnenkamm. Der Narr, der sich durch die Narrenliteratur des 15. Jahrhunderts vielfach wiederfindet, wird in der Zeit der Reformation als Bildthema häufig aufgegriffen, wie auf dem Flugblatt von Heinrich Vogtherr d. J. mit einem Brustbild des Narren (12).
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Abb. 20 Details Narrenkopf
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Abb. 21 Detail Narrenkappe/ Inschrift "DELEAT QUI CARET"
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Abb. 22 "Dero Narren lache ich allenn" Ende 16. Jh.
Auf dem unteren Füllungsfeld ist der Doppeladler als kaiserliches heraldisches Zeichen zu sehen. Der Doppeladler ist mit Brustharnisch dargestellt. Die beiden Adlerköpfe mit offenem Schnabel zieren flache Kronen. Seine Krallen umfassen eine an den Enden aufgerollte Schriftrolle. Bei vielen Kupferstichen, Fahnen und Münzen des 16. und 17. Jahrhunderts erscheint das heraldischen Zeichen mit Krone zwischen den Adlerköpfen oder auf Münzprägungen von 1584 der Reichsadler mit Schwert und auf der Rückseite das Bildnis von Rudolf II (13).
In Osterwieck ist von den drei Insignien des kaiserlichen Herrschers (Zepter, Reichsapfel und Schwert) vermutlich der Herrscherstab mit Knauf und rundem Schaftende als Zeichen und Symbol der obersten Gewalt dargestellt: das Zepter - allerdings auf dem Kopf (14).
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Abb. 23 Narrenkappe "LIBET QUI CARET" 1597
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Abb. 24 Offener Helm mit Helmzier
Ein zeitgleich erschienener Holzschnitt von 1584 zeigt den Doppeladler mit Binnenschild mit dem Porträt des Kaisers Rudolf II. (1552-1622) in zwei Medaillons. Der auf dem Holzschnitt umgebende Text ist ein Loblied auf den Kaiser und hatte das Ziel, Fehlauffassungen des Kaiseradlers zu berichtigen (15). Die Fehlauffassungen werden nicht weiter dargelegt. Das Blatt liefert auch die Begründung, warum der gegenwärtige Kaiser, bezugnehmend auf die Schlacht im Teutoburger Wald, den zweiköpfigen Adler als Herrschaftszeichen führt.
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Abb. 25 Unteres Türfeld, Doppelkopfadler
Die positive Darstellung des Adlers als Herrschaftszeichen und des Kaisers in dem Augsburger Flugblatt scheint, wie in vielen Darstellungen des 15. bis 17. Jahrhunderts, ohne direkte Kritik (16). Der Adler stand als Symbol der positiven Herrschertugenden, der seine Untertanen schützt und für sie sorgt (17). Die kaiserliche Propaganda richtete sich an die Reichsstände, die Adeligen, deren Lehnsherrschaft unmittelbar dem Kaiser unterstand (18).
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Abb. 26 Detail Doppelkopf des Doppelkopfadler
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Abb. 27 Detail Briefrolle gehalten in Krallen
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Abb. 28 Schwert, Zepter und ein Reichsapfel
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Abb. 29 "Ein gründlicher und wahrhaftiger Bericht"
Auf Flugblättern verbreitete politische Botschaften gegen Kaiser, Papst und die Katholische Kirche, insbesondere zur Zeit der Reformation, wurden in Fabeln oder Allegorien verpackt, da wiederholt Verbote von Schmähschriften und Bildern von Seiten der Obrigkeit erlassen wurden. Die Vieldeutigkeit in den Holz- und später Kupferstichen stellte auch einen Schutz vor politischer Verfolgung und Denunziation dar, da die Inhalte der Darstellungen nicht unmittelbar verständlich und lesbar waren (19). In den privaten Gemächern der von Rössings jedoch schien eine direkte Kritik des Kaisers erlaubt. Rudolf II., der 1576 gewählte römische Kaiser, herrschte in einer Zeit der Konfesionalisierung, der Religionskriege in Westeuropa und der Finanzkrisen am eigenen Hofstaat. Der Reichstag in Augsburg lehnte sogar eine Mitfinanzierung des kaiserlichen Hofs ab (20). Trotz seiner Erziehung in Spanien betrieb er eine gemäßigte Konfessions- und Personalpolitik. Auch Lutheraner, wie Herzog Heinrich Julius von Braunschweig, dessen Wahl Ludolph I. als Domherr zum Halberstädter Bischof unterstützte (21), und Kalvinisten fanden Einflusschancen oder eine Anstellung am Prager Hof (22).
Dennoch riefen sein extravaganter Herrschaftsstil und seine politische Inaktivität, bedingt durch depressive Erkrankung und die Ablehnung zu heiraten sowie legitime Kinder zu zeugen, Kritik hervor. 1622 erfolgte schließlich die Absetzung durch Familienmitglieder (23). Die zwei Füllungsfelder ergeben eine Botschaft, in der Anordnung der Helmzier im oberen Füllungsfeld, die normalerweise auf dem Schildrand sitzt, und dem Schild mit Wappenfeld, hier das heraldische Kaiserzeichen mit Doppeladler (24). Für Ludolph I. von Rössing, einen Rittmeister und Domherren in Osterwieck, war der Kaiser ein Narr, der die oberste Gewalt des Reichs auf den Kopf stellte - dargestellt allerdings und ausschließlich in privaten Gemächern.
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Abb. 30 Türblatt mit "Lucrecia" nach der Restaurierung und Wiedereinbringung
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Abb. 31 Türblatt mit "Lucrecia" nach der Restaurierung und Wiedereinbringung
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Abb. 32 Türfeld unterhalb von "Lucrecia" nach der Freilegung
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Abb. 33 Freilegung mit Skalpell und Heißluft, syrischer Seminarteilnehmer
Lady Lucretia
Das Türblatt mit aufwendigen Arkadenschnitzereien und mythologischen Bildszenen befand sich vermutlich in dem privaten Schlafraum der Anna von Stöcken. Auf der zum Schlafraum weisenden Seite steht oberhalb der figürlichen Darstellung der Schriftzug "LVCRETIA". Diese steht in voller Größe unbekleidet frontal zum Betrachter, allein ihr Kopf ist leicht nach rechts abgewandt. In ihrer rechten erhobenen Hand hält sie einen langen spitzen Dolch mit schwarzem Schaft. Die Spitze des Dolches ragt zu ihrer rechten Brust. Von ihrem rechten Arm zu ihrer linken ausgestreckten Hand verläuft ein Schamtuch, die Höhungen in Ölfarbe modelliert (25). Unter einem Schleier sind ihre blonden Haare zusammengebunden. Der Hintergrund, nur noch in fragmentarischen Fassungsresten ablesbar, ist grün gehalten und stellte wohl einen Innenraum dar (26).

Nach der Legende lebte Lucretia im 6. Jahrhundert vor Christus und war die tugendhafte Ehefrau des Römers Collantius. Dieser ging eine Debatte und daraus resultierende Wette mit den Söhnen des römischen Königs ein, wer die tugendhafteste und keuscheste Ehefrau besäße. Ein unangekündigter nächtlicher Besuch der Männer zeigte die Ehefrauen der Königssöhne ausgelassen feiernd, Lucretia hingegen als tugendhafte Haus- und Ehefrau spann Wolle mit den Mägden (27). Der römische Königssohn Sextus Tarquinius versuchte sie zunächst zu verführen, wurde abgewiesen und vergewaltigte sie schließlich. Am nächsten Tag berichtete Lucretia ihrem Mann und Vater die Schändung und beging Selbstmord, um ihre "pudicitia" (lat. Schamhaftigkeit) durch die Entschlossenheit, sich zu erdolchen, wiederherzustellen (28). Der Vorfall hatte politische Folgen und führte zur Absetzung der königlichen Familie durch das römische Volk und zur Gründung der Republik (29).
Typologischer Vergleich:
Im 16. Jahrhundert wird in der Malerei ein neuer Bildtyp für Lucretia verwandt, die wohl auf eine in Rom aufgefundene Statue Bezug nimmt. Lucretia wird in dem Moment gezeigt, als sie den Dolch an die Brust setzt. Ihr nackter Körper steht, da sie ihn zerstören wird, symbolisch für Enthaltsamkeit und Treue. Aneinandergereihte Bildszenen, wie im 14. und 15. Jahrhundert, werden im 16. Jahrhundert meist nur noch auf Hochzeitstruhen, die die Aussteuer der Braut enthalten, verwandt (30).

Das Türgemälde folgt einem Kupferstich der niederländischen Schule, der in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts als Teil eines Bildbandes erschien. Die Türfassung zeigt Parallelen mit dem niederländischen Stich in der Haltung des Körpers, des Dolches und des Tuches, in der Kleidung (bzw. Nacktheit), in der Blickrichtung, im Moment des Selbstmordes. Den Hintergrund füllt hier eine Landschaftsdarstellung (31).
Ikonografische Bezüge sind auch zu Ölgemälden Lucas Cranach des Älteren, reicher in der Bildgestaltung, zu sehen. Darstellungen von 1525 und 1528 zeigen Lucretia nackt in einem Innenraum, durch eine Fensteröffnung ist der Blick in eine Landschaft gegeben. Sie trägt mehrere Schmuckbänder (32). Mit der linken Hand zieht sie sich einen durchsichtigen Schleier vor ihren Unterleib. Die gegensätzlichen Bildinhalte, die erotische Schönheit und der Dolch, der sich in den Körper bohrt, ihn zerstört und somit die Ehre wiederherstellt, ist als Botschaft in den Bildwerken des 16. Jahrhunderts gemeinsam (33). Im unteren Füllungsfeld ist der Schriftzug "SIMSON" dargestellt, ein Held des Alten Testaments, dessen unbezwingbare Stärke erst durch den Verrat der Quelle seiner Kraft durch Delilah an die Philister gebrochen wird (34). Die Bildszene konnte im Restaurierungszyklus 2016 nicht freigelegt werden.
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Abb. 34 Details der "Lucrecia" nach der Konservierung und der Reparatur der Holzbretter (Restaurierung Dirk Knüpfer, Dipl.- Rest.)
Werte, die in privaten Wohnräumen gezeigt wurden. Figürliche Ausmalungen von Türfüllungen blieben selten erhalten. Im Bürgerhaus Breite Straße 9 in Torgau konnten Türen mit den Elementen Feuer, Erde und Luft freigelegt werden. Die Ausmalungen sind auf die Zeit um 1620 datiert und entstanden nach um 1590 geschaffenen Kupferstichen von Jaques de Gheyn II nach Intentionen von Karel van Manders (35). Eine jüngere Türbemalung des 18. Jahrhunderts blieb in dem Haus Schwöneckenquerstraße 14 in Lübeck erhalten. In dem ehemaligen Schlafraum - die funktionale Zuordnung erfolgte nach Inschriften der Tür- und Deckengemälde - sind auf der Türblattinnenseite "Fides" (lat. Treue, Glaube, Vertrauen) und "Amme" des Neuen Testaments dargestellt, die die Tugenden der Ehefrau und Hausherrin betonen (36).
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Abb. 35 Kupferstich "Lucrecia", 1551-1600, Niederländisch
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Abb. 36 Trapezförmige Raum (R. 32) am Ostgiebel im 1. OG
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Abb. 37 Westwand; Beschlagwerk mit Rollwerk und Fruchtbündel

5.3. Die Ausmalung des "heimeligen Gemachs" (Raum 32)

Der trapezförmige Raum am Ostgiebel im 1. Obergeschoss zeigt gemeinsam mit der Diele, die zu den Wohnräumen der von Rössings führt, wie auch dem Rittersaal und dem ehemaligen zum Westflügel führenden Flur, die Ausmalung des Renaissancebaus nach Fertigstellung 1582 und deren Neugestaltung Anfang des 17. Jahrhunderts.

Die Ausmalung des ehemaligen "heimligen Gemachs", dem Vorraum zum hölzernen am Ostgiebel auskragenden Aborterkers, zeigt zwei Fassungsfolgen. Unmittelbar nach Fertigstellung des Baus war die Fachwerkkonstruktion monochrom schwarz gefasst mit einem umlaufenden, das Fachwerk rahmenden Begleiter und einem dünnen Beistrich im Gefachfeld (37). Aus den Ecken des Gefachfeldes sprießen stilisierte Kleeblätter und Blütenstängel hervor. Die Ausmalung erfolgte, schriftlich im Gefachfeld oberhalb der südlichen Türöffnung überliefert, 1582.

Eine zweite, jüngere Grisaillemalerei in Kalkkasein rahmt die bauzeitlichen Tür- und Fensteröffnungen mit typischen Ornamentformen der nördlichen Renaissance wie Beschlagwerks- und Rollwerkskartuschen, Fruchtgirlanden und Kranichen.

Die Malerei lässt sich in die 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts einordnen. Die Kalkkaseinmalerei wurde auf den Putz und der Malerei der Renaissance aufgetragen.

Die in der Malerei ab der Mitte des 16. Jahrhunderts dargestellte Beschlagwerksornamentik imitiert einen Eisenbeschlag von Truhen oder Türen. Das Beschlagwerk wurde in der Regel symmetrisch, als
Flächenornament aus metallenen Leisten, Bändern und Stegen ausgebildet. Nagelköpfe verstärkten die Imitation eines echten Eisenbeschlags. Das Beschlagwerksornament entwickelte sich in der niederländischen sowie deutschen Spätrenaissance als Schmuckform von Fassadengiebeln, Epitaphien, Kanzeln, Altären, Buchgestaltungen und schließlich der Wand- und Deckenmalerei. Das Beschlagwerk tritt in Kombination mit dem Rollwerk auf. Es besteht aus Voluten, deren eingerollte Endungen räumlich ausgreifen. Als Ornament der Randgestaltung tritt es nie isoliert, sondern meist gesetzt in Kombination mit dem Beschlagwerk, auf. Es zählt zu den Renaissanceformen, die nicht aus der Antike abgeleitet wurden, sondern sich in Italien als Teil von Groteskenfeldern und monumentalen Stuckkartuschen entwickelten (38). In vielen Raumgestaltungen trat es zwischen 1600 und 1630 auf (39). Die Ornamente unterlagen festen Anwendungsschemata (40). Das Beschlagwerk mit Rollwerk als Hauptthema mit unterschiedlichen Dekorformen wurde in der Vorlagengrafik als Kupferstich oder Holzschnitt 1520 von Bos Cornelius, 1542-45 von Antonio Fantuzzi, Jean Mignon sowie später von Cornelius Floris und Vredemann de Vries gedruckt. Die Vorlagen wurden von Malern, Bildhauern, Glasmalern und Kartographen aufgegriffen und in Serienarbeit umgesetzt (41). An der Kanzel der Stephanikirche in Osterwieck, errichtet 1602/03 (Ergänzung Dr. Thiele 2017), rahmt eine ornamental gerahmte Kartusche mit Inschriftenfeld Rollwerksornamente, die bereits deutlich aus der Fläche hervortreten (42).
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Abb. 38 Westwand mit Malerei (Freil. Stadler / D. Jura)
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Abb. 39 Südwand; 1. Fassung Kranich, 2. Fassung 1582 (Freilegung Rest. D. Jura)
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Abb. 40 Ostgiebel, Kranich auf Rollwerkskartusche
Die Malereien stellen typologische Bezüge zu Druckgrafiken und Vorlageblättern von Vredemann de Vries her. Die Werke von de Vries fehlten in dieser Zeit in keiner Werkstatt. Seine Musterbücher zeigten die Vielfalt des Ornaments, fehlende textliche Erläuterungen bei den Stichen überließen den Künstlern die Freiheit in der Bemalung der Wandflächen (43).

In den drei Büchern über die fünf Baustile werden auf verschiedenen Tafeln Postamente, Schäfte und Gebälk der dorischen und ionischen Säulenordnung aufgeführt. Bei der "Ionica" tritt Beschlagwerk mit Flechtwerk und Grotesken wie Fruchtbündeln, Tieren, Masken, Schildern und Schnüren auf. Ornamentformen, die für Fenster und geschweifte Giebel prägenden Einfluss hatten (44). Insbesondere zwei Stichreihen von 1555-60 mit Rollwerkskartuschen, Flechtbandmustern und Grotesken, aber auch gestaltete Buchbände, zeigen viele Elemente, die auch in Osterwieck zur Gestaltung der Gefachflächen angewandt wurden (45).
Die Türöffnungen nach Süden zu den angrenzenden Flurräumen, nach Westen zum Wohnraum und nach Osten zum hölzernen Abort zeigen um die Ständer geführte Beschlagwerksformen mit Rollwerk als Leitornament. Je nach Lage der Fache tritt das Ornament flächenfüllend bzw. nach oben verjüngt in Erscheinung. Die die westliche Türöffnung zu den Rössingschen Wohnräumen rahmende Ornamentmalerei wurde annähernd spiegelsymmetrisch aufgebaut. Die Beschlagwerksornamente imitieren schmiedeeiserne Stege und Langbänder enden teilweise in querovalen Rollwerksornamenten, die sich an den Enden ihrer inneren Schnecken plastisch aus der Fläche herausdrehen. Bei der Darstellung des Rollwerks wird mit starken Licht- und Schattenlinien gearbeitet, die das Dreidimensionale der Darstellung betonen. An den Kreuzungspunkten der Stege stellen gemalte Nagelköpfe nochmals den Bezug zum eisernen Beschlagwerk her. Die Stege zieren, Architekturelemente imitierend, hochrechteckige Podeste mit Füllungsfeld, stilisiertem Kapitel und Bekrönungen aus Kugelformen.
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Abb. 41 Westwand, Beschlagwerk mit Rollwerk und Fruchtbänder
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Abb. 42 Kupferstich, Abbildung mit Ornamenten, Hans Vredemann de Vries
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Abb. 43 Detail der Ornamentik
In den oberen Gefachfeldern, auf Höhe des Türsturzes, betonen zierliche Vasen die Rollwerksornamente. Die Fruchtbündel, äpfel und Trauben, sind von einzelnen Blattformen umrahmt, hier entlang des Ständers zum mittleren Gefachfeld hin angeordnet. Den mittigen Abschluss bildet, vergleichbar einer Supraporte, eine Rollwerkskartusche auf einem Konsolenschaft. Die mittige Stabform imitiert einen Schwertknauf. Die seitlich auf Rollwerkskartuschen aufsitzenden Vögel, vermutlich Kraniche, wurden nur teilweise freigelegt. Sie pickten, abgeleitet von den bereits freigelegten Vogelmotiven und deren Aktivitäten, vermutlich an den mittels Schnüren an Beschlagwerksleisten befestigten Fruchtgehängen, die im angrenzenden Gefach dargestellt sind.
Die Anordnung des Leitornaments, mit den die Fläche zusätzlich füllenden Dekorformen, ist bei der weiteren Tür- oder Fensterrahmung ähnlich gestaltet. Lediglich das Gefachfeld über der Öffnung erhielt eine differenziertere Gestaltung. über der Tür zum Abort ergreift ein Kranich auf einer Rollwerkskartusche die Bänder mit seinem Schnabel. Die nördliche Fensteröffnung krönt ein Beschlagwerksmotiv mit zwei Postamenten mit stilisiertem Kapitel. Seitlich füllen Schnüre das Gefachfeld. Oberhalb der südlichen Tür, die zu dem Flur führt, sitzt auf einer Rollwerkskartusche ein Kranich, der sich das Gefieder putzt. Die entlang der Ständer, Riegel und Streben geführte Malerei war vermutlich gefachübergreifend, die Holzkonstruktion einbeziehend, ausgeführt worden. Die Darstellung der Kraniche, Fruchtgehänge und Postamente wurde in den angrenzenden Gefachflächen fortgeführt.
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Abb. 44 Westwand über der Türöffnung
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Abb. 45 Ostgiebel, oberhalb der Öffnung zum Abortraum
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Abb. 46 Ostgiebel, oberhalb der Öffnung zum Abortraum
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Abb. 47 Malerei am Westgiebel 2.OG
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Abb. 48 Malerei am Westgiebel Detailausschnitt
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Abb. 49 Rest. A. Stadler beim Reinigen

5.4. Restaurierung der bauzeitlichen Gefachmalereien im ehemaligen Korridor (Raum 39b)

Im ehemaligen Korridor im 2. Obergeschoss, der zum abgerissenen Westflügel der Anlage führte, sind in vielen Gefachflächen noch Malereien der Renaissance erhalten. In diesem Raum sind die Hölzer dunkel gestrichen und mit einem Begleiter versehen, eine Art Begradigung des Holzes. In der Gefachfläche selbst verläuft ein dünner Beistrich, der sich in den Eckpunkten überkreuzt. Aus den Ecken wachsen polychrome, stilisierte Tulpenblüten heraus. Die Ausmalung der Gefache mit Beistrich und Begleiter, vergleichbar einer Kassettenmalerei, ist seit dem Spätmittelalter bekannt und sollte Tiefe vortäuschen (46).

Als erste Arbeitsphase erfolgte von Seiten der Restauratorin die Konservierung, die Kittung und die Reinigung der Malerei. Zusätzlich war die Entfernung einer sekundären Kalkkaseinmalerei notwendig. Diese nachträgliche Malerei war mit Pilzen befallen, die eine rötliche Färbung hervorriefen. Die Abnahme derselben erfolgte durch aufgetragene Pasten.
Eine jüngere Fassung mit Beschlag- und Rollwerksmotiven und Fruchtgehänge gestaltete den Flur Anfang des 17. Jahrhunderts, vergleichbar der Diele im 1. Obergeschoss. Die Malerei wurde in einem Seminar von einer jungen Restauratorin aus Italien unter fachkundiger Anleitung freigelegt (47).

Vergleichbare Ausmalungen, im Schäfers Hof in Osterwieck und in verschiedenen Bauten Quedlinburgs zeigen die Farbfassungen der Innenräume mit ihren unterschiedlichen Gestaltungsformen, die bereits bei den wenigen noch vorhandenen Funden die qualitätvolle Ausmalung, auch der Fassaden erkennen lässt.
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Abb. 50 stilisierte Blüten
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Abb. 51 stilisierte Blüten
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Abb. 52 Gefache während der Festigung
Im mittelalterlichen Fachwerkbau "Neustädter Kirchhof" 7 in Quedlinburg blieb die Ausmalung des 16. Jahrhunderts in der nachträglich eingebauten Diele erhalten. Die Wiederherstellung der Malerei erfolgte nach Befund. Die graue Fassung der Ständer ragt in das Gefachfeld hinein und wird von einer dunkleren Konturlinie umrahmt. Das Feld unterteilt ein dünner Begleiter, in den Ecken mit kleinen roten Blüten betont. Auch der vordere Dielenbereich zeigt Reste einer älteren, vermutlich Anfang des 17. Jahrhunderts entstandenen Malerei.
Schemenhaft und je nach einfallendem Tageslicht noch zu erkennen, umranken die Deckenbalken fleischige, eingerollte Blätter und Blüten. Die Gestaltung der Bohlen ist vergleichbar der Ausmalung der Gefachfelder von einem breiten Beistrich und einer dünnen Konturlinien, in den Ecken mit Wellenlinie und stilisierten Blüten gegliedert.
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Abb. 53 2. OG, Bad, ehemalige Flurwand Internationale Seminarteilnehmer beim Freilegen
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Abb. 54 Blütenmalerei nach der Restaurierung
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Abb. 55 Fertigstelle Restaurierung

5.5. Die Malereien im Rittersaal im 2. OG (Raum 41b)

Der 21 Meter lange, stützenfreie Rittersaal im Obergeschoss besaß mit drei Erkern nach Norden, Osten und Süden eine besonders reiche architektonische Raumgliederung. An der Ostfassade lag der Aborterker, das "heimelige Gemach". Der bauzeitliche Türdurchgang, zum kleineren Saal, lag mittig in der Bundwand, nördlich führte eine große Öffnung zum Westflügel mit der Küche.
Die Ausmalung und die zeitgemäße Ausstattung ist nur noch durch Fassungsbefunde und historische Quellen belegbar. Auf dem Ständer konnte ein mennige-roter Fond mit einer Rankenbemalung nachgewiesen werden. Die Fassungen befanden sich am Ständerkopf und Ständerfuß (48). Die Deckenbalken erhielten durch umlaufende Begleiter imitierte Kassettenfelder, die innere Fläche mit Akanthusranken und vereinzelten Blättern bemalt. Die Deckenfelder, ein Deckenputz aus Kalk und Tierhaaren bildet mit einem umlaufenden Begleiter den raumseitigen oberen Abschluss.

Der Fußboden im Raum, ein teilweise stark gestörter Gipsestrich, der aufgrund der Deckenlasten nicht im Gebäude verbleiben konnte, wurde vermutlich erst im 18. Jahrhundert eingebracht. Der Gipsestrich endete ohne Abbruchkante und Ergänzungen an den nachträglich eingebrachten Schwellhölzern der um 1780 zurückgebauten Erker.
Die Reinigung und Freilegung der versotteten Deckenbalken mit mittigem Unterzug in dem 21 Meter langen Rittersaal erfolgte dreiseitig. Die Reinigung erfolgte durch Tränkung der versotteten Rußschicht mit Alkohol auf Japanpapier, die weitere Freilegung mittels Glasfaserpinsel.
Zeitgleich mit den Ausmalungen der Renaissanceräume nach Fertigstellung des Baus 1582 wurde der Unterzug im Rittersaal mit Wappenfeldern, vergleichbar einem Stammbaum gefasst.
Entlang des 21 m langen Unterzuges sind seitlich die Wappenfelder mit Wappenschild, Wappenzier oberhalb des Helmes und der Wappendecke - hier filigrane Akanthusranken, der Ahnen - mütterlicher- und väterlicherseits bis zur vierten Generation von Ludolph I. von Rössing und Anna von Stöcken aufgereiht.

Die Wappenfelder der Familie von Rössing befinden sich an der nördlichen Unterzugsseite, nach Süden liegen die Wappen der Familie von Stöckheim.
Die "Wappenanordnung auf dem Unterzug zeigen ein weiträumiges und Jahrhunderte hindurch konstantes Beziehungsgeflecht" durch Heirat mit politischen sowie wirtschaftlichen Aspekten (49). Familien, wie die der von Rössing, von Cramm, von Gadenstedt und von Veltheim, deren Ländereien und Besitztümer in Nähe oder unmittelbar angrenzend an das Erzstift in Magdeburg, der Bistümer Hildesheim und Halberstadt und des Herzogtums Braunschweig lagen, hatten laut Klaus Thiele über Generationen hindurch diese Verbindungen gepflegt (50). Gutsherrliche Nachbarschaft und konfessionelle sowie politische Gründe lieferten hinreichend Beweggründe für Zusammenkünfte und durch Heirat geschaffene verwandtschaftliche Beziehungen.
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Abb. 56 Restauratorenteam beim Reinigen und Freilegen an den Deckenbalken, Raum 41b (Restaurierungswerkstatt Stadler)
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Abb. 57 Nach der Reinigung: Freigelegte Blumenranken unterseitig am Unterzug des Rittersaales, Raum 41b
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Abb. 58 Nach der Reinigung: Freigelegtes Wappen seitlich am Unterzug des Rittersaales, Raum 41b
Die Familie des Mannes (von Ost nach West)

1. von Veltem
2. von Freden
3. von Bardensleben
4. von Iltenn
5. von Schirstedt
6. von Friese
7. von Gadenstedt
8. von Rössing
9. von Oldershausen
10. von Adelebsen
11. von Seebach
12. von Mandelsloh
13. von Knigge
14. von Bodenhusen
15. von ...stor (mögl. von Wulfen; lt. Epitah)
16. von Warpe
Die Familie der Ehefrau (von Ost nach West)

1. von Landesberg
2. von Hanensee
3. von Wustraw
4. von Maien
5. von Bodendick
6. von Steinberg
7. von Wittorf
8. von Stöcken, Anna von Stöcken
9. von Saldern
10. von der Aßenborch
11. von Steinburg
12. von Westfale
13. von Haus
14. von Stöckrem
15. von Velten
16. von Pappenheim
Nordseite - Wappen der von Rössings mütterlicherseits
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Abb. 59 Von Oldershausen
Wappen:
Viergeteilt mit Rosen im roten Feld
Helmzier: Flug
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Abb. 60 Von Adelebsen
Wappen:
Mehrfach geteilt
Helmzier: Büffelhörner
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Abb. 61 Von Sebach
Wappen:
Seeblätter
Helmzier: Roter Mann mit Hut
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Abb. 62 Von Mandelsloh
Wappen:
Jagdhorn
Helmzier: Totenkopf mit Schwertern
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Abb. 63
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Abb. 64
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Abb. 65
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Abb. 66
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Abb. 67 Von Kniggen (Knigge)
Wappen:
Quergestreift/ Löwe
Helmzier: Rotsilberner Flug
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Abb. 68 Von Bodenhusen (Bodenhausen)
Wappen:
Drei silberne Halbmonde
Helmzier: Silberne Säule mit Federn
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Abb. 69 Von Wlstor (Wulfen)
Wappen:
(Wolf)
Helmzier: (Wolf)
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Abb. 70 Von Warpe
Wappen:
Zwei Wurfspieße
Helmzier:
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Abb. 71
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Abb. 72
Ludolph I. von Rössing
Ludolph von Rössing wurde als Sohn Lippolds XIII. von Rössing, Erbmarschall des Fürstenbistums, 1534 geboren und verstarb 1594. Er war von 1590-94 das Oberhaupt der Familie von Rössing. Neben dem Bunten Hof in Osterwieck, dem Herrenhaus in Rössing und dem Mittelhof in Berßel besaß er Teile vom Fronholz. Vier seiner Brüder starben zwischen 1568-1569 (51). Mit seinem Bruder Jahn VIII. führte er Söldnerheere an und stand in spanischen und französischen Diensten. Er diente ebenso den braunschweigischen, protestantischen Herzögen. 1577 war Ludolph I. unter Ernst von Mandelsloh Rittmeister in kursächsischen Diensten. Er besetzte seit 1564 eine Domherrenstelle in Halberstadt. 1566 wählte dieses Domkapitel den erst zweijährigen Enkel Heinrich Julius, des streng katholischen "Heinrich des Jüngeren" und Sohn seines protestantischen Nachfolgers "Herzog Julius" zum Bischof von Halberstadt (52).

Mütterlicherseits das Wappen der Familie von Oldershausen (53)

Ursula von Oldershausen (1556-1588) - Ehefrau Lippolds XIII. von Rössing, Mutter Ludolphs I. von Rössing
Dieses mütterliche Wappen befindet sich auch auf den Epitaphien Ludolphs I. (54) Der Besitz der Familie lag im Braunschweigischen westlich des Harzes (55). Stammsitz in Oldershausen.
Wappen: rote (mit Rosen) und goldene Felder
Helmzier: offener, geteilter Flug


Von Adelebsen, Margarete - Großmutter von Ludolph I. von Rössing
Großmutter mütterlicherseits auch auf allen Epitaphien der anderen Söhne Lippold XIII. von Rössing. Sie war die Ehefrau des Erbmarschalls im Herzogtum Braunschweig Ludolphs von Oldershausen (56). Hannover- Braunschweigische Adelsfamilie, deren Namen sich von einem Ort nordwestlich von Göttingen ableitet (57).
Wappen: Mehrfachteilung
Helmzier: Büffelhörner
(58).

Von Seebach, Jutta, Ur-Großmutter Ludolphs I. von Rössing
Thüringische Adelsfamilie, nach dem Gut Seebach bei Langensalza (59).
Wappen: rote Seeblätter; rot gekleideter, bärtiger Mannesrumpf mit gestülpter Mütze
Von Mandelsloh, Warla, Ur-Großmutter Ludolphs I. von Rössing
Die Familie gehörte zum niedersächsischen- braunschweigischen Adel. Sie waren Hofräte in Wolfenbüttel und dienten als Marschälle Heinrich dem Jüngeren. Eine der Urgroßmütter mütterlicherseits von Ludolphs I. stammte aus der Familie Mandelsloh. Friedrich II., einer der Söhne Ludolphs I. von Rössing heiratet wiederum um 1610 Gisela von Mandelsloh (60).
Wappen: Jagdhorn
Helmzier: Totenkopf von Schwertern durchbohrt
(61).

Von Knigge, Gesa, eine der Ur-Großmütter mütterlicherseits von Ludolph I. von Rössing
Niedersächsisches Adelsgeschlecht, dessen berühmtester Vertreter Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge ist, der Autor des Werkes "Über den Umgang mit Menschen".
Wappen: roter Löwe Helm Helmzier: Helmdecken mit Flug (62).

Von Bodenhausen, Luitgart, eine der Ur-Ur-Großmütter mütterlicherseits von Ludolph I.
Ein niedersächsisches Adelsgeschlecht, erlangte auch Besitztümer in Hessen, Braunschweig, Sachsen und Preußen.
Wappen: Silber drei zunehmende Halbmonde Helmzier: mit Hahnenfedern bedeckte silberne Säule, von Halbmonden besetzt (63).

mgl. von Wulfen, N.N., ebenfalls Ur-Ur-Großmutter mütterlicherseits von Ludolph I.
Ein altes Adelsgeschlecht des Hochstiftes Halberstadt wird am 10. Mai 1407 mit Hindrik Wulfen erstmals urkundlich erwähnt (64).
Wappen: Wolf mit Gebüsch Helmzier mit Wolf

Von Warpe, Kunne, war ebenfalls eine Ur-Ur-Großmutter mütterlicherseits von Ludolph I. von Rössing
Niedersächsisches Adelsgeschlecht zeigt im Wappen zwei Wurfspieße, die auf das Werfen verweisen (65).
Nordseite - Wappen der von Rössings väterlicherseits
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Abb. 73 Von Rössing
Wappen:
Löwe
Helmzier: Pfauenfedern
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Abb. 74 Von Gardenstedt
Wappen:
schwarzer Balken
Helmzier:
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Abb. 75 Von Friesen
Wappen:
3 rote Rosen am Stiel mit Blättern
Helmzier: Federn
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Abb. 76 Von Schierstedt
Wappen:
3 Pfeile
Helmzier: Baum mit Pfeil
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Abb. 77
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Abb. 78
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Abb. 79
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Abb. 80
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Abb. 81 Von Ilten
Wappen:
Hund
Helmzier: silberner Schaft/ Windhund
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Abb. 82 Von Badersleben
Wappen:
Wolf über Getreide
Helmzier: Pfauenfedern
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Abb. 83 Von Freden
Wappen:
zwei senkrechte mit dem Rücken zueinander stehende Schlüssel
Helmzier: Flug
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Abb. 84 Von Veltem (Veltheim)
Wappen:
Schwarzer Balken
Helmzier: zwei Hörner
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Abb. 85
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Abb. 86
Auf von Rössings väterlichen Seite

Marlene von Gadenstedt (1465-1495), Ehefrau Jahns VII. von Rössing (1473-1520), die Mutter Lippolds XIII. von Rössing, auch als Großmutter väterlicherseits seiner Söhne aufgeführt (66).
Die Familie hatte Besitz von der Reichsabtei Gandersheim, dem Michaelstift in Hildesheim, dem Herzogtum Braunschweig, dem Grafentum von Regenstein und dem Domprobst Halberstadt.
Wappen: Schwarzer Balken. Helmzier:

Anna von Schierstedt, Ur-Großmutter Ludolphs I. von Rössing
Die Familie wurde um 1500 bis 1796 dem Halberstädter Stiftsadel zugerechnet. Das Stammhaus war bis 1580 das Dorf Groß Schierstedt bei Aschersleben (67).
Wappen: drei Pfeile; Wappenzier: Baum mit Pfeil (68)

Fiege von Friesen (69) , Ur-Großmutter Ludolphs I. von Rössing
Wappen: Blüten mit Stängel
Wappenzier: Federn


von Ilten, N.N., Ehefrau Sieverts IV. von Rössing (1417-1440), Ur-Urgroßmutter väterlicherseits Ludolphs I. von Rössing
Niedersächsisches Adelsgeschlecht. Stammhaus liegt bei Ilten, in der Nähe von Hannover.
Wappen: Windhunde; Helmzier: Windhund mit Schaft (70).
von Freden, N.N., Ur-Urgroßmutter väterlicherseits Ludolphs I. von Rössing
Ein uradliges niedersächsisches Adelsgeschlecht, das auch im Baltikum und Schleswig-Holstein ansässig wurde und im 16. Jahrhundert erlosch (71). In Freden wurde auch ihre Burg Hausfreden errichtet.
Wappen: zwei senkrecht zueinander stehende Schlüssel,
Helmzier:
(72)

von Velten, Ur-Urgroßmutter Ludolphs I. von Rössing
Die von Veltheims waren eine Familie des Halberstädter Stiftsadel, mehrere Angehörige der Familie waren mit Sitz im Bistum Halberstadt und Erzbistum Magdeburg mit Andreas von Meyendorff und Joachim von Alvensleben für die Durchsetzung der Reformation in diesen Territorien von Bedeutung (73). Achatius II. 1538-1588 hatte Rechtswissenschaften und Theologie studiert und verfasste mehrere theologische Werke (74).
Wappen: schwarzer Balken auf Gold mit 2 weißen Fäden belegt
Helmzier: 2 Hörner
(75).

von Bardeleben, N.N., Ur-Urgroßmutter Ludolphs I. von Rössing
Die Familie gehört um 1500 bis 1794 noch dem Halberstädter Stiftsadel an. Ludolph von Bardeleben verstarb vermutlich 1576. Die von Bardeleben waren in braunschweigischen Diensten Hofmarschälle, Hofmeister, Hofräte und Amtmänner (76). Ihr Wappen befindet sich in der Stephanikirche/ Osterwieck und auf der Kanzel und dem Altar in Hornburg, vermutlich in Zusammenhang der Familie von Randau.
Wappen: Wolf über Getreideähren
Helmzier: Pfauenfedern
(77).
Südseite - Wappen der von Stöcken mütterlicherseits
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Abb. 87 Von Saldern
Wappen:
Rose
Helmzier: Offener Flug
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Abb. 88 Von der Asseburg
Wappen:
Wolf
Helmzier: Rote Säule mit Federn
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Abb. 89 Von Steinberg
Wappen:
Steinbock
Helmzier: Roter Hut
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Abb. 90 Von Westfale (Westphale)
Wappen:
Wappenfeld
Helmzier: Hut und Federn
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Abb. 91 Von Saldern
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Abb. 92
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Abb. 93 Von Steinberg
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Abb. 94 Von Westfale
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Abb. 95 Von Hauss (Haus)
Wappen:
Baum
Helmzier: Silberner Flug
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Abb. 96 Von Veltem (Veltheim)
Wappen:
Schwarzer Balken
Helmzier: zwei Hörner
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Abb. 97 Von Stockrem
Wappen:
Helmzier:
Zwei Fackeln mit Feuerschale
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Abb. 98 Von Pappenheim
Wappen:
Rabe
Helmzier: Säule mit Rabe
Die Ehefrau Ludolphs I. von Rössing - Anna von Stöckheim (78) war eine Tochter Joachims von Stöckheim und Olekes von Saldern.
Sie heiratete 1579 Ludolph I. von Rössing. Der Stammsitz der Familie lag vermutlich in Limmer nördlich von Alfeld. Sie wurde 1593 in der St. Stephanikirche/ Osterwieck beigesetzt. Zwei ihrer Kinder Marie und Jobst verstarben bereits 1590/92 (79). In ihrem Epitaph in der St. Stephanikirche ist zweifach das Wappen Steinberg, von Saldern, von der Aßenborch, von Westphale, von Wittorf aufgeführt, ebenso am Unterzug des 16. Jahrhunderts.

Mütterliche Seite von Anna von Stöcken: Olekes von Saldern (1536-58), Mutter Annas von Stöcken
Adelsgeschlecht aus dem Hildesheimer und Braunschweiger Land. Schloss Saldern liegt an der Fuhse in Salzgitter-Saldern.
Wappen: Rote Rose; Helmzier: offener schwarzer Pflug (80).

Jacobe von der Asseburg (1507-1570), Großmutter mütterlicherseits Anna von Stöcken
Altes niedersächsisches Adelsgeschlecht. Sitz im Ampfurth im Erzstift Magdeburg, in Neindorf und Falkenstein aber auch seit Mitte des 15. Jahrhunderts Halberstädter Lehnsmänner. Heinrich II. (1529-1573) errichtete in Asseburg eine evangelische Superintendentur, eine höheren Schule als Vorbereitung zur Universität und gründete eine Bibliothek. Unter Asche von Asseburg wurde der Magister Jonas Nicolai 1580 zum Asseburgischen Superintendenten berufen (81).
Wappen: Wolf; Helmzier: rote Säule mit Pfauenfedern (82).

Jutta von Steinberg (1445-1520), eine der Ur-Großmütter mütterlicherseits von Anna von Stöckheim
Adelsgeschlecht aus dem Stift Hildesheim, familiäre Bindung mit der Familie von Rössing in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Familie besaß bereits im 12. Jahrhundert im Leinebergland große Besitztümer.
Wappen: Steinbock; Helmzier: Helm mit Feder (83).
Oleke von Westphal (1465-1512) (84), die zweite der Ur-Großmütter mütterlicherseits von Anna von Stöckheim
Westfälisches Adelsgeschlecht.
Wappen: Wappenschild mit Hut/Pfauenfedern

Anna von Haus (1415), eine der Ur-Urgroßmütter mütterlicherseits von Anna von Stöckheim
Das niedersächsische Adelsgeschlecht waren mindensche Lehnsleute. "Gut Husen" befand sich in der Nähe von Wennigsen.
Wappen: roter Baumstamm, seitlich mit Ästen
Helmzier: silberner roter Flug
(85).

Salome v. Veltheim, eine der Ur-Urgroßmütter mütterlicherseits von Anna von Stöckheim
Familie des Halberstädter Stiftsadel, mehrere Angehörige der Familie waren mit Sitz im Bistum Halberstadt und Erzbistum Magdeburg mit Andreas von Meyendorff und Joachim von Alvensleben für die Durchsetzung der Reformation in diesen Territorien von Bedeutung (86).

Frau von Stockrem, eine der Ur-Urgroßmütter mütterlicherseits von Anna von Stöckheim

Mgl. von Pappenheim, eine der Ur-Urgroßmütter mütterlicherseits von Anna von Stöckheim
Rabe von Pappenheim - engersches westfälisches Adelsgeschlecht bei Warburg in Ostwestfalen, Althessische Ritterschaft. Berühmteste Vertreterin Jenny von Papenheim (87). Eine Anna von Pappenheim, geborene zu Cogelnberg, ist auch im Epitaph von Friedrich I. von Rössing aufgeführt (88).
Wappen: Rabe; Wappenzier: Rabe vor Säule mit Federn (89).
Südseite - Wappen der von Stöcken väterlicherseits
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Abb. 99 Von Stockem
Wappen:
Helmzier:
Zwei Fackeln mit Feuerschale
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Abb. 100 Von Wittorf
Wappen:
Vier silbrige Fische
Helmzier:
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Abb. 101 Von Steinbarg
Wappen:
Steinbock
Helmzier: Roter Hut
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Abb. 102 Von Bodendick
Wappen:
Hirsch
Helmzier: Hirsch mit Pfauenestoß
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Abb. 103 Von Bodendick
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Abb. 104
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Abb. 105 Von Wittorf
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Abb. 106 Von Maien
Wappen:
Helmzier:
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Abb. 107 Von Wustraw
Wappen:
Helmzier:
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Abb. 108 Von Hanensee
Wappen:
Hahn
Helmzier: Hahn
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Abb. 109 Von Landesberg
Wappen:
Gitter/ Fuchs
Helmzier:
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Abb. 110
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Abb. 111
Väterliche Seite von Anna von Stöcken

Anna von Wittorf, Großmutter väterlicherseits Anna von Stöcken
Mecklenburgischer ausgestorbener Adel. Wappen der Wittorf mit drei weißen Fischen auf rotem Querband (90).

Agnes von Steinberg, Ur-Großmutter väterlicherseits Anna von Stöckheim
Stift Hildesheim familiäre Bindung mit der Familie von Rössing in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts (91).
Wappen: Steinbock
Helmzier: Helm mit Feder
(92)

Von Bodendick, eine der Ur-Großmütter väterlicherseits von Anna von Stöckheim
Braunschweiger Uradel, stammen aus dem jetzigen Bad Bodenteich (93). Das Wappen der Familie taucht auch an der Kanzel in Hornburg auf (94).
Wappen: Hirsch
Helmzier: Hirsch mit Pfauenfedern


Von Landesberg, eine der Ur-Urgroßmütter väterlicherseits Anna von Stöckheim
Niedersächsische westfälische Adelsfamilie, die 1881 ausstarb. Die Familie siedelte in der Nähe Mindens.
Wappen: in Gold gegitterten roten Balken unter einem Fuchs mit Palmzweigen
Helmzier
(95).
Von Hanensee, eine der Ur-Ur-Großmütter väterlicherseits von Anna von Stöckheim Eine Ilse von Hanensee (1365) heiratet Heinrich von Veltheim (1361-1415). Ihr Sohn Heinrich von Veltheim wird 1458 geboren (96).
Wappen: Hahn
Helmzier: Hahn
(97)

von Wustraw (sic!), mgl. Anna von Wustrow (98), eine der Ur-Ur-Großmütter väterlicherseits Anna von Stöckheim

Von Maien, Ur-Urgroßmütter väterlicherseits von Anna von Stöckheim Wappen: (99)
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Abb. 112
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Abb. 113
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Abb. 114
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Abb. 115
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Abb. 116 Tapete nach der Freilegung
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Abb. 117 Restaurierung des Wanddekors

5.6. Restaurierung des Wanddekors aus dem 19. Jahrhundert, Tapeten (Raum 5/6)

Beim Entfernen der modernen Wandbeläge an der westlichen Giebelwand in Raum 5/6 konnte eine historische Tapete freigelegt werden.
Die Giebelwand West des Bunten Hofes in Osterwieck zeigt gemeinsam mit den Bundwänden und dem ehemaligen Abortraum die am stärksten herausragenden historischen als auch bauzeitlichen Wandfassungen. An der Westwand in Raum 5/6 konnte die Zeitschicht des Historismus und die damit einhergehende Phase von Bewohnern offen gelegt und konserviert werden. Im Zuge der Restaurierung wurden die noch erhaltenen Bereiche der Tapete vorsichtig von den neueren Schichten befreit. Anschließend wurde lose Teile rückgefestigt und an die Kanten vorsichtig angeputzt. Abschließend wurde der untere Teil der Westwand mit einem hölzernen Rahmen gefasst, um der freigelegten Fläche eine gesonderte Betonung zu geben. Zusätzlich wurde innerhalb des Rahmens der neu eingebrachte Putz nicht, wie im restlichen Raum weiß gefasst, sondern in dem Fond der Tapete belassen.
Das Dekor der Tapete zeigt eine Gliederung aus vertikalen Bändern. Es gibt ein Hauptwerk in der Ornamentik, welches in wiederholter Form den Ablauf des vertikalen Bandes wiedergibt. Dieses Hauptwerk besteht symbolisch aus einer ovalen, in geschwundener Form eingefassten Kartusche, welche auf einem Postament ruht. Das Postament ist als Säulenschaft mit Voluten am Säulenkopf, hier nur stilisiertem Kapitel, ausgeformt. Beide Bereiche sind mit blauer Farbe vom Zierwerk abgesetzt.
Die vertikalen Bänder in sich bestehen aus der selben Ornamentik, sind aber versetzt zueinander angeordnet. In der Kartusche eines jenen Hauptwerkes befindet sich die Darstellung von drei fünfblättrigen Blättern und mindestens drei weitere, kleinere Blätter. Zusätzlich ziehen sich dünne Ranken mit kleineren Blättern vom Postament bis durch das obere Feld. Bei den Blättern und der sich aufwärts rankenden Pflanze scheint es sich um einen Rebstock zu handeln. Zusätzlich zur Darstellung der Pflanze scheinen an den Ranken im Postament einige Trauben zu hängen.
Das blaue Feld mit Postament ist zu allen Seiten von stark geschwungenen, dicken Arabesken umzogen. In der malerischen Darstellung des Rebstockes als auch der Arabesken wurde mit starken Licht- und Schatteneinfällen gearbeitet, wodurch eine dreidimensionale Illusionsmalerei entstanden ist. Beide Ornamente zeigen die gleiche Farbigkeit, einen hellen ockerfarbenen Grundton, auf.
In den Zwischenräumen der Arabesken und im Zwischenbereich zwischen den versetzt angeordneten Kartuschen wurde mit einem rötlichen Ockerfarbton gearbeitet. Dieser rötliche Farbton in Kombination mit dem hellen Ocker und dem intensiven Blau des Hauptwerkes charakterisieren die Farbigkeit der Wandtapete.
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Abb. 118 Detail des Tapetendekors Bunter Hof
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Abb. 119 Dessin für Schablonentapete. Um 1885
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Abb. 120 Neurokoko-Dessin von Arnhold, Kassel, Um 1840
Im typologischen Vergleich lässt sich die dargestellte Ornamentik mit den wulstigen Arabesken, der Formensprache der mehrfach oval gefassten Kartusche, dem Postament aus Säulenschaft mit Voluten und der Geometrie der vertikalen Bänder in die Zeit des Historismus einordnen. Die Neurokoko anmutenden Formen sprechen für eine Zeitspanne zwischen 1840 und 1890.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden auch in deutschen Fabriken die ersten Maschinen zum Tapetendruck aufgestellt. Diese ermöglichten es den Herstellern, mit Hilfe einer Schablone in Maßen immer die gleichen Formen auf ihre Tapeten zu drucken. Der Stil des Neorokokos zog in der deutschen Tapetenkunst ab 1825/30 ein und löste den bis dato vorherrschenden Biedermeier ab. Ab 1890 löste die Neorenaissance den Neorokoko ab.
Die Stilmode des Neurokoko war in dieser Zeit maßgebend durch "dicke Bänder in Rocaille-Formen, sich ineinander schlingend, in verschiedenen Farben,.., auf starkfarbigem Grund." (100) Die Formen werden hierfür plastisch heraus gearbeitet.

Solches zeigt sich auch im Vergleichsbeispiel des Neurokoko- Dessins von J. C. Arnold, Kassel, in dem sich der genannte Stil mit symmetrischen Barockelementen verknüpft (101). Das Vergleichsbeispiel des Dessins für eine Schablonentapete von um 1885 hingegen geht bereits in den historisierenden Stil der maurischen Kunst über und zeigt "stilisierte, immer auf eine Mittelachse orientierte Formen nicht von der Natur bzw. Blättern oder Blüten inspiriert, sondern sich nach ... Schriftzeichen des Koran entwickelt" (102).
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Abb. 121 Eckerker im Bestand 2013
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Abb. 122 Erste Schritte in der Freilegung der historischen Malerei

5.7. Restaurierung des Wanddekors aus dem 19. Jahrhundert, Trinksprüche (Raum 22)

Im Südwesten des Renaissancebaus lag im 1. Obergeschoss ein großer, repräsentativer Raum mit Eckerker. In dem Raum soll sich, handschriftlichen Quellen zufolge, eine kostbar getäfelte und bemalte Saaldecke befunden haben, welche jedoch im 19. Jahrhundert abgenommen wurde. Die Deckenbalken überzieht ein barocker Lehmputz.
Aus der Bauzeit erhalten ist der südwestlich gelegene Erker, der ursprünglich fünf Fensteröffnungen besaß. Die Felder der nachträglich zugesetzten Fensteröffnungen zeigen eine Holz imitierende Farbfassung mit Trinksprüchen des 19. Jahrhunderts. Die noch aus dem 16. Jahrhundert stammende hölzerne Fensterbekleidung und ein Blendrahmen mit zwei eingetieften Füllungsfeldern, im Sturzbereich mit Klötzchenfries abgetreppt und zur Fensterfläche hin mit Viertelstab profiliert, sind im mittleren und den beiden seitlichen Fensteröffnungen erhalten.
In einem ersten Arbeitsschritt wurden die aus dem 20. Jahrhundert stammenden Tapetenreste an den Wandflächen entfernt. Die Fehlstellen im Lehmputz wurden zunächst geschlossen und die mit einer holzimitierenden Ölfarbe überzogen.

Putzfelder wurden rückgefestigt. Die Reinigung der Oberfläche erfolgte mit Balsamterpentinöl. Fehlstellen in den Feldern mit den Trinksprüchen wurden mit einem helleren Grundton der Farbe gestrichen.
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Abb. 123 Eckerker während der Freilegung der historischen Malerei
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Abb. 124 Fertiggestellte Restaurierung der historischen Malerei


Trinksprüche (von links nach rechts):

Tafel 1
Das Erste was als Kind man weiß,
Das ist das liebe Trinken.
Drum zieht man gerne noch als Greis,
Die vollen Krüge winken.


Tafel 2
Aus Riesenhumpen trinken hier
Im Bunten Hof die Ritter,
Wie viel bescheidener sind doch wir,
Denn uns genügen Liter.


Tafel 3
Ein frischer Trunk, ein fröhlich Lied,
Ein Blick aus schönen Augen:
Ein Mensch der diese Dreie mied,
Wird selten etwas taugen.